Boethius, De consolatione philosophiae, deutsch Peter von Kastl (Von dem Trost der Weisheit).

Boethius, Anicius Manlius Severinus, um 480-524.
De consolatione philosophiae, deutsch von Peter von Kastl (Von dem Trost der Weisheit).
Straßburg, Johann Schott, 31. August 1500.
Quart, Blattgröße 19,2cm x 14cm.
108 statt 109 Blätter. Der Text komplett, es fehlt das letzte Blatt mit der zweiten Wiederholung des Titelholzschnittes recto, verso leer.
Kollation: a-d8, e9, f-m8, n-o6 (-o6). Fehler bei den Signaturen: h4 nicht eingedruckt.
Mit großem Titelholzschnitt (wiederholt auf Blatt a4r) und sechs figürlichen Holzschnittinitialen nach dem Meister ES. Holzschnittdruckermarke auf Blatt o5v.
Holzdeckelband der Zeit. Rücken stilvoll erneuert, Schließe fehlt. Die schmalen Deckelbezüge aus Kalbleder mit Rollenprägung (Sehr ähnlich Einbanddatenbank Zitiernr. r000654, Hirschrolle III, Regensburg). Handschriftlicher Titel in schwarzer Tinte auf dem vorderen Holzdeckel.
Etwas wurmstichig. Titelblatt angeschmutzt und im unteren Dritttel sauber unterlegt. Durchgehend stark wasserfleckig. Der Rücken des Einbandes stilvoll erneuert, Schließe fehlt. Die Rollenprägung der schmalen Deckelbezüge aus Kalbleder stark berieben. Vorsätze erneuert. Exemplar auf kräftigem Papier.
Sehr seltene Ausgabe von „De consolatione philosophiae“ in deutscher Sprache. Boethius verarbeitet in dem Werk sein politisches Scheitern (das mit seiner Hinrichtung 524 endete) anhand existentieller Grundfragen, wie zum Beispiel: „Welche Werte gibt es?“ oder: „Was ist das höchste Gut?“ oder dem Verhältnis von Vorsehung und Willensfreiheit. Diese Fragen diskutiert er mit der Philosophia, die ihm in seiner Gefangenschaft erscheint. Auf dem Holzschnitt der vorliegenden Ausgabe wird die Figur der Philosophia dabei begleitet von einer Gruppe Musen. „De consolatione philosophiae“ gilt als mustergültiges Werk für das Mittelalter, der Autor Boethius als der bedeutendste lateinische Autor der Völkerwanderungszeit (Joachim Gruber).
Der Bedeutung des Werkes entsprechend wurde es bereits im Mittelalter in verschiedene Sprachen übersetzt. Im Jahr 1473 druckte Anton Koberger in Nürnberg eine lateinisch-deutsche Ausgabe. Die deutsche Übersetzung wird dabei Peter von Kastl zugeschrieben, der Boethius Werk 1401 ins Deutsche übersetzt haben soll. Die hier vorliegende Ausgabe von 1500 ist der einzige rein deutschsprachige Druck des Textes im 15. Jahrhundert. Ihr Text entspricht dem deutschen Text der Ausgabe von 1473. Ob Peter von Kastl Urheber dieser Übersetzung ist, bleibt jedoch eher unwahrscheinlich (Bastert). Obwohl auch der GW diese Zuschreibung tradiert, gibt es keine Begründung dafür, und Kastls Übersetzung muss als verschollen gelten (Worstbrock).
Provenienz: Salzburg, St. Peter. Hs. Eintrag auf dem Titel: Conventus s. Petri Salisburgi.
GW 4575 (vgl. Anm. 1: Fehler bei den Signaturen: h4 nicht eingedruckt).
Literatur: Bastert, Bernd: Kontinuitäten eines „Klassikers“. Zur spätmittelalterlichen deutschen Rezeption der Consolatio Philosophiae des Boethius. In: Manfred Eikelmann, Udo Friedrich (Hrsg.): Praktiken europäischer Traditionsbildung im Mitttelalter: Wissen_Literatur-Mythos. Berlin 2023. S. 117-140, hier besonders S. 120 und S. 125f.
Gruber, Joachim: Boethius, Anicius Manlius Severinus. In: Der neue Pauly. Enzyklopädie der Antike. Altertum Band 2. Stuttgart, Weimar 1997. Sp. 719-723.
Worstbrock, Franz-Josef: Boethius, Anicius Manlius Severinus. III. Deutsche Rezeption. In: Verfasserlexikon. Die deutsche Literatur des Mittelalters. Zweite, völlig neu bearbeitete Auflage. Band 1. Berlin, New York 1978. Sp. 919-927, besonders 921-923. I0008.

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